Am 07.09.2022 trafen sich zahlreiche Akteure der Wiederverwendung zum ersten hessischen Re-Use Symposium in der Evangelischen Akademie in Frankfurt am Main. Die Gäste aus dem Secondhand-Handel, der Entsorgung und der kommunalen Verwaltung tauschten sich den ganzen Tag über den Stand und die Entwicklungsmöglichkeiten der Wiederverwendung in Hessen aus. In diesem Blogartikel fassen wir die Vorträge kurz zusammen, die am Vormittag gehalten wurden und stellen die Materiallien zur Verfügung. Den Ergebnissen des Workshops am Nachmittags widmen wir uns in einem gesonderten Blogbeitrag.
Großes Interesse an Wiederverwendung beim Re-Use Symposium
Noch immer laden zu viele Gegenstände und Geräte in der Tonne oder dem Wertstoffcontainer, die eigentlich noch verwendet werden können. Das verursacht nicht nur Umweltschäden, sondern bremst auch Chancen für berufliche Qualifizierung aus. Mehr als 80 Gäste aus hessischen Kommunen und Landkreisen, öffentlich-rechtlicher Abfallwirtschaft und sozialen Qualifizierungsbetrieben mit Secondhand-Kaufhäusern diskutierten am 7. September beim Re-Use Symposium in Frankfurt lebhaft über Chancen und Perspektiven in der Wiederverwendung.

Die Vorträge aus der Praxis zeigten anschaulich, mit welchen logistischen Herausforderungen die Wiederverwendung von Waschmaschinen und Kinderspielzeug, Klinkerfassaden und Waschbecken, Schultische und Büromöbel verbunden sind. Denn kostendeckend sind solche Re-Use Unternehmungen nur für wenige Nischen, etwa Vintage-Kleidung oder historische Baustoffe. Die Aufarbeitung von gebrauchten Waren erfordert viel Handarbeit und Fachwissen.
Genau dieses Fachwissen birgt jede Menge Potenzial für Ausbildung und Qualifizierung in der betrieblichen Praxis. Das zeigen die Beispiele aus Hessen ebenso wie der Blick in europäische Nachbarländer. Doch das Spannungsfeld zwischen Abfallrecht und Arbeitsmarktförderung, Umweltrecht und sozial verantwortlicher Betriebsführung bringt zahlreiche Herausforderungen mit sich. Nicht immer können diese innerhalb einer einzelnen Kommune oder eines Betriebs gelöst werden.
„Gemeinsam sind wir stärker“ lautet eine wiederkehrende Einschätzung in den Gesprächen auf dem Re-Use Symposium. Eine bessere Vernetzung bietet großes Potenzial sich gegenseitig zu unterstützen, voneinander zu lernen und Möglichkeiten für Kooperationen zu entdecken. Durch gemeinsames Marketing, abgestimmte Positionen, Erfahrungsaustausch und Weiterbildung können Marktchancen erschlossen und öffentliche Gebührenhaushalte entlastet werden.

Mit überzeugenden Botschaften möchte das Re-Use Netzwerk das Thema Wiederverwendung in die Mitte der Gesellschaft tragen. Re-Use soll Lifestyle werden. Nicht nur ökologisch und fair, sondern auch bezahlbar und attraktiv. Denn sowohl private Haushalte als auch Unternehmen und öffentliche Verwaltungen müssen die Gürtel enger schnallen. Angesichts von Krisen wie den Störungen der globalen Lieferketten, Klimakollaps und Energieknappheit sind attraktive Angebote wichtig. Nachhaltig konsumieren muss einfach und bezahlbar sein.
Im organisierten Zusammenwirken realisieren regionale Partnern die ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Potenziale von Wiederverwendung. Die Zusammenarbeit zwischen öffentlich-rechtlichen Entsorgern und qualifizierenden Secondhand-Warenhäuser ermöglicht eine effiziente Sammlung, Logistik und Vermarktung von gebrauchten Waren. Kommunen und Landkreisen werden im Erreichen ihrer umweltpolitischen Ziele unterstützt. Und für Bürgerinnen und Bürger entsteht eine attraktive Konsumlandschaft, die nachhaltigen Konsum auch mit kleinem Geldbeutel ermöglicht.
Wiederverwendung im Netzwerk
Mathias Neitsch geht in seinem Vortrag „Wiederverwendung im Netzwerk – ReUse braucht eine Lobby“, der uns Digital zugeschaltet wird, auf die Erfolgsgeschichte von Repanet in Österreich ein. Besonderes Augenmerk legt er auf die erfolgreiche Einführung der Dachmarke ReVital in Oberösterreich und nimmt dabei auch Bezug auf die Entstehung der flämischen Marke „de kringwinkel“, die bei der Einführung als Vorbild diente. Aber auch über Erfahrungen und Erfolge von Initiativen in Österreich weiß er zu berichten. Etwa am Beispiel des Re-Use Netzwerk Tirol. Deutlich wird hier: Re-Use Netzwerke brauchen derzeit noch Subventionen, wenn sie Erfolgsgeschichten schreiben sollen.
Weniger Bauschutt –mehr Wiederverwendung
In dem Vortrag von Prof. Dr.–Ing. Hans–Joachim Linke „Weniger Bauschutt –mehr Wiederverwendung: Bauteilkreisel Region Darmstadt–Dieburg“ erfahren wir, wie im Rahmen eines Forschungsprojektes der TU Darmstadt ein Bauteillkreisel aufgebaut wurde. Ziel des Projektes war es, die Stoffströme zwischen dem ländlichen und dem städtischen Raum „zum beiderseitigen ökologischen und ökonomischen Vorteil zu gestalten.“ Nach einer dreijährigen Forschungsphase befindet sich das Projekt derzeit mitten in der Umsetzungsphase und ist auch bereits im Internet unter folgender Internetadresse erreichbar: https://bauteilkreisel-dadi.net/
Das Kaufhaus der Gelegenheiten
Ferenc Ujvari präsentiert in seinem Vortrag „Das Kaufhaus der Gelegenheiten“, das seit letztem Jahr gemeinsam mit dem EAD in Darmstadt betrieben wird. Ferenc berichtet uns über die lange Tradition des Kaufhauses und seine neuen Aufgaben im Rahmen des EAD. Hier ist die schonende Abholung von Sperrmüll eine Besonderheit, die darauf abzielt mehr wiederverkaufbare Wahre zu erhalten. Aber der EAD hat noch eine Vielzahl weiterer spannender Projekte, über die es zu berichten gibt, von der Spülung von Mehrwegbechern bis zur Spielzeugsammelaktion für die Darmstädter Kinderklinik Prinzessin Margaret.
Kommunale Gebrauchtmöbel
Harald Prokscha von WeiterGebenOrg berichtet in seinem Vortrag von zahlreichen Fallstricken bei der Wiederverwendung kommunaler Büromöbel und Schulmöbel. Den sehr unterhaltsamen Vortrag hat Harald für uns aufgenommen und stellt uns das Video hier zur Verfügung. Bevor ich ihm also die Worte im Mund umdrehe, schaut doch am besten selbst:
Vorbereitung zur Wiederverwendung
Stefanie Jung-Zwerger von der GWR gGmbH stellt uns in ihrem Vortrag „Vorbereitung zur Wiederverwendung: Sammlung, Reparatur und Verkauf von Elektrogeräten bei der GWR in Frankfurt“ die vielen großen und kleinen Schritte vor, die in eine Wiederaufbereitung von Altgeräten einfließen. Anschaulich erläutert sie die verschiedenen Programme an der GWR und zeigt, wie diese ineinandergreifen, um eine nachhaltige Aufbereitung und den Wiederverkauf zu organisieren. Nicht zuletzt gehört auch das Programm zum Aufbau eines Re-Use Netzwerkes zu den Beschäftigungsfeldern der GWR.
Re-Use Netzwerk quo vadis?
Imke Eichelberg, Projektverantwortliche für den Aufbau des Re-Use Netzwerkes, legt in ihrem Vortrag ein „Konzept für ein Re-Use Netzwerk in Hessen“ vor. Dabei geht sie auf die Vorträge ihrer Vorrednerinnen ein und setzt diese in einen größeren Zusammenhang: Wie profitieren die vielen großen und kleinen Projekte der Wiederverwendung in Hessen von einem Netzwerk und wie voneinander? Ihr besonderer Fokus gilt dabei der weiteren Projektentwicklung: Wie geht es in den nächsten Jahren weiter mit dem Re-Use Netzwerk? Und wie können Beiträge dazu aussehen?
Begleitung mit Flinga
Für die Begleitung der Veranstaltung, die durch Bastian Korff vom hr1 wunderbar kurzweilig moderiert wurde, haben wir ein Whiteboard auf Flinga eingerichtet. Das finnische Tool zeichnet sich durch seine besonders einfache Bedienbarkeit aus und kam bereits während unseres Online-Austausches im Frühjahr zum Einsatz. Das Board ist weiterhin erreichbar und wir laden auch euch Leser:innen ein, noch Rückmeldungen und Ideen für das Re-Use Netzwerk in Hessen beizusteuern. (Dazu einfach auf das nebenstehende Bild klicken.)
Workshop des Re-Use Symposiums: Die Sechs Hüte
Am 07.09.2022 trafen sich zahlreiche Akteure der Wiederverwendung zum ersten hessischen Re-Use Symposium in der Evangelischen Akademie in Frankfurt am Main. Die Gäste aus dem Secondhand-Handel, der Entsorgung und der kommunalen Verwaltung tauschten sich den ganzen Tag...
Abgerundet durch ein Podium

Nach Abschluss der Workshopphase kamen noch einmal die wichtigsten Akteure des Tages auf einem Podium zusammen und diskutierten die Ergebnisse des intensiven Tages:
Michael Gugat vertrat Re-Use Deutschland und betonte noch mal die Bedeutung einer einheitlichen Dachmarke.
Mit Stefanie Jung-Zwerger war eine erfahrene Praktikerin der GWR auf dem Podium, die die Bedeutung einer Einbindung lokaler Akteure hervorhob.
Imke Eichelberg vertrat als Projektverantwortliche das hessische Re-Use Netzwerk und machte deutlich, wie weit das Netzwerk bereits gekommen ist, ohne zu verschweigen, was noch alles zu tun bleibt.
Und Markus Meißner von Pulswerk gelang es, alle Beiträge vor dem Hintergrund der weiter fortgeschrittenen Wiederverwendungsinitiativen in Österreich einzuordnen.